Einführung
1971 — wahrscheinlich als Folge der “Asbestkatastrophe” — wurden die ersten G‑Grundsätze (silikokener Staub, Asbestfasern) erstellt und arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen als Pflicht deklariert. 1994 erschien dann das Werk “DGUV Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen” in der 1. Auflage. Weitere 4 Auflagen mit weiteren G‑Grundsätzen folgten.
2014 (2016 korrigiert) mit der 6. Auflage wurde der erste Versuch gestartet, die Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters zu stärken, wie es die neu bearbeitete und am 31.10.2013 verabschiedete “Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung (ArbMedVV)” vorgab.
- In der Nomenklatur wurden Änderungen vorgenommen: “Pfichtvorsorgeuntersuchungen” wurden zu “Pflichtvorsorgen” — genauso bei Angebot und Wunsch. Die Beratung stand im Vordergrund und die Untersuchung wurde dem Mitarbeiter freigestellt. Allerdings war die Weiterbeschäftigung in dem Arbeitsbereich der Vorsorge nicht möglich, wenn der Mitarbeiter die Beratung bei der Pflichtvorsorge ablehnte.
- Vorsorgeuntersuchungen wurden von Eignungsuntersuchungen klar getrennt und mussten auch zeitlich getrennt voneinander durchgeführt werden, d.h. G 26.3 als Eignung wurde an einem anderen Tag durchgeführt als die G 26.3 als Vorsorge.
- Die Bescheinigungen wurden geändert. Das Ergebnis der Vorsorge wurde nur dem Mitarbeiter mitgeteilt, auf der Arbeitgeberbescheinigung stand “teilgenommen”.
Ab August wurde nun diese 6. Auflage der “DGUV Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen” durch die 1. Auflage der “DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen” abgelöst.
Vorstellung
Im folgenden möchte ich nun das neue Werk vorstellen und den Bezug zu Änderungen gegenüber der alten Version aufzeigen.
Zielgruppe und Rechtsgrundlage
Die neuen „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“ unterstützen Betriebsärztinnen und Betriebsärzte weiterhin bei der inhaltlichen Gestaltung von arbeitsmedizinischen Beratungen und Untersuchungen: Sie geben Hinweise im Sinne von „Best Practices“ und lassen Spielraum, Beratungen und Untersuchungen so zu gestalten, wie es individuell geboten erscheint.
Die Inhalte der DGUV Empfehlungen sind nicht rechtsverbindlich, bieten aber detaillierte praxisnahe Unterstützung auf der Basis des allgemein anerkannten Stands der Arbeitsmedizin. Auch für andere Akteurinnen und Akteure auf der betrieblichen Ebene sind die Empfehlungen relevant, enthalten sie doch wichtige ergänzende Informationen zu den in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) beschriebenen Vorsorgeanlässen.
Die meisten Empfehlungen knüpfen an die ArbMedVV als Rechtsgrundlage an und orientieren sich an der Grobgliederung des Anhangs der ArbMedVV: Zunächst behandeln sie „Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“, danach „Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“, dann „Tätigkeiten mit physikalischen Einwirkungen“ und schließlich „sonstige Tätigkeiten“. Dabei berücksichtigen sie die Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) und Arbeitsmedizinischen Empfehlungen (AME). Neu aufgenommen wurde die Vorsorge “natürliche optische Strahlung (Sonnenstrahlung)”. Entfallen ist der bisherige DGUV Grundsatz G 22 „Säureschäden der Zähne“.
Beratung im Fokus
Die Beratung der Versicherten hat in den Empfehlungen deutlich an Gewicht gewonnen und gehört verpflichtend zur Durchführung der Vorsorge. Dem trägt auch der um das Wort „Beratungen“ erweiterte Titel Rechnung. Wichtig ist, dass der Arbeitsmediziner im Sinne der Prävention durch eine intensive und gezielte Beratung die notwendige Compliance für den Arbeitsschutz beim Mitarbeiter schafft. Untersuchungen allein bringen uns da nicht weiter. Auch der Empfehlungscharakter wird schon im Titel betont. Zudem wird zukünftig auf Nummerierungen verzichtet und es wird lediglich die Bezeichnung genannt. So wird aus dem DGUV Grundsatz G 20 „Lärm“ zum Beispiel die DGUV Empfehlung „Lärm“.
Vorsorge und Eignung strikt getrennt
Während Arbeitsmedizinische Vorsorge die frühzeitige Erkennung und Verhütung von arbeitsbedingten Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten zum Ziel hat, dienen Eignungsbeurteilungen der Beantwortung der Frage, ob die vorhandenen physischen und psychischen Fähigkeiten und Potenziale eines oder einer Beschäftigten erwarten lassen, dass die während der Beschäftigung zu erledigenden Tätigkeiten von ihm oder ihr ausgeübt werden können.
Die ArbMedVV fordert eine Trennung von arbeitsmedizinischer Vorsorge und Eignungsuntersuchungen. Beide sollen nicht zusammen durchgeführt werden, sofern nicht betriebliche Gründe dies erfordern. Dementsprechend sind Vorsorge und Eignung auch in den DGUV Empfehlungen strikt getrennt: Der erste Teil der „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“ behandelt Fragen der arbeitsmedizinischen Vorsorge und ist umfangreicher als der zweite Teil, der auf Eignungsbeurteilungen abzielt.
Zum Thema Eignung gehören die DGUV Empfehlungen „Arbeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre“, „Arbeiten mit Absturzgefahr“ sowie „Fahr‑, Steuer- und Überwachungstätigkeiten“. Die DGUV Empfehlung „Atemschutzgeräte“ erscheint in unterschiedlicher Ausrichtung sowohl im ersten als auch im zweiten Teil des Buches.
Die DGUV Empfehlung „Überdruck“ wurde in eine DGUV Empfehlung „Taucherarbeiten“ – im ersten Teil – und eine auf der Verordnung über Arbeiten in Druckluft (DruckLV) basierenden Empfehlung „Überdruck (Arbeiten in Druckluft und Taucherarbeiten)“ im zweiten Teil aufgeteilt.
Entstehung und Bedeutung
Die neuen DGUV Empfehlungen wurden im Ausschuss Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung (AAMED-GUV) in interdisziplinären Teams aus Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmedizinern der betrieblichen Praxis und der Wissenschaft, Fachleuten diverser medizinischer und auch technischer Sachgebiete sowie Sachverständigen der Unfallversicherungsträger erarbeitet. Sie wurden in enger Kooperation mit den Sozialpartnern, Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft und arbeitsmedizinischen Fachgesellschaften gestaltet und stellen damit einen sozialpartnerschaftlich und wissenschaftlich getragenen Konsens dar.
Zuordnung DGUV Empfehlungen – abgelöste DGUV Grundsätze
Grundschema der Vorsorge und Eignung
Jede Vorsorge ist in der gleichen Form und Struktur beschrieben.
- Rechtsgrundlagen
- Anwendungsbereich
- Pflichten und Anforderungen
- Ablaufdiagramm
- Bescheinigung
- Stoffspezifische Hinweise
- Vorkommen, Gefahrenquellen
- Aufnahme
- Wirkungen, Krankheitsbild (allgemein, akut/subakut, chronisch)
- Biomonitoring
- Berufskrankheit
- Vorkommen, Gefahrenquellen
- Arbeitsmedizinische Vorsorge
- Eingangsberatung
- Untersuchung
- körperliche Untersuchung
- klinische Untersuchungen
- körperliche Untersuchung
- Fristen
- Beurteilungskritierien
- keine Erkenntnisse, die Maßnahmen erfordern
- Erkenntnisse, bei denen Maßnahmen empfohlen werden
- Erkenntnisse, bei denen verkürzte Fristen und ggf. Maßnahmen empfohlen werden
- Erkenntnisse, bei denen ein Tätigkeitswechsel zu erwägen ist
- keine Erkenntnisse, die Maßnahmen erfordern
- Abschließende Beratung
- Beratung der versicherten Person
- Beratung des Unternehmens
- Beratung der versicherten Person
- Literatur
Fazit
Wenn ich es mal zusammenfassen darf, dann würde ich sagen:
Die Inhalte des Hauses sind im Vergleich zur Vorversion im Großen und Ganzen die Gleichen geblieben, es hat nur einen neuen Anstrich und neue Tapeten bekommen und die Raumaufteilung hat sich etwas geändert. Vieles wurde – wie schon in der Vorversion angesprochen – deutlicher formuliert und kommt dem Sinn der Änderungen in der ArbMedVV von 2014 näher.