Rechtliches
Seit dem Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes zum 1. April 2007 sind die bisherigen Kann-Leistungen der Krankenkassen zur betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) Pflichtleistungen geworden (§ 20b SGB V). Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, die Unternehmen zwingt, ein betriebliches Gesundheitsmanagement zu betreiben und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung anzubieten.
Gründe aus betrieblicher Sicht
In den letzten Jahren hat die Fehlzeitenquote in Deutschland stetig zugenommen. Während es um die Jahrtausendwende ungefähr 5 % waren hat sich die Zahl bis heute ungefähr verdoppelt. Ein Grund dafür ist die relative Zunahme der Mitarbeiter im Alterüber 50 Jahren gegenüber den jüngeren Jahrgängen. Weltweit gesehen ist die Pyramide auch noch eine Pyramide, während sie in Deutschland einen Bauch um das 50. Lebensjahr hat — im Fachjargon als demographischer Wandel bezeichnet. Deshalb bezeichnet man es auch nicht mehr als Alterspyramide, sondern als Alterstruktur.
Mit zunehmendem Alter nimmt in erster Linie die körperliche Leistungsfähigkeit ab, während sich das Niveau der kognitiven Leistungsfähigkeit nur wenig verändert. Wenn man sich nun mal die Arbeitsunfähigkeitstatistik nach Lebensalter und Verteilung der Krankheiten ansieht, dann bestätigt sich die obere Aussage. Erstaunlich bei den Krankheitsfällen ist hier, dass die Fallzahlen in den den Gruppen bis 25. Lebensjahr deutlich vom Rest abheben, obwohl gerade in diesem Alter die Leistungsfähigkeit noch sehr hoch ist. Hier liegt das Problem eher in der Einstellung zur Arbeit und dem Werteverständnis, dass ich für Lohn auch Arbeit abliefern muss und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall eine hohe soziale Errungenschaft darstellt, die man nicht mit Füßen treten sollte.
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist nicht nur ein Trend der letzten Jahre, sondern eine Strategie, um den Herausforderungen des demographischen Wandels zu begegnen. Diese erwarten die Unternehmen nicht erst in ein paar Jahren, viele Betriebe sind bereits jetzt mit den Auswirkungen konfrontiert.
Ziel des betrieblichen Gesundheitsmanagement ist es nun, im Rahmen der Möglichkeiten eine Prävention zu betreiben, die zwar den normalen Alterungsprozeß nicht aufhalten, ihn aber schon etwas verzögern kann. Im Ansatz gibt es nun mehrere Module, die ich im Folgenden näher erläutern möchte.
Bei der Firma Bosch in Abstatt, wo ein großes Entwicklungszentrum im Automotive-Bereich zuhause ist, hat man 2018 ein großes Gesundheitszentrum mit allen Möglichkeiten gebaut, was dem normalen Standard weit voraus ist. In anderen Bereichen hat man die Abteilungen, die unmittelbar mit der Gesunderhaltung der Mitarbeiter zu tun haben (MED, FASI, HSS, BGF und Teile der Personalentwicklung), organisatorisch zusammengefügt und so ein virtuelles Gesundheitszentrum oder Gesundheitsnetzwerk gebaut. Alles das ist natürlich in mittelständischen Unternehmen aus Kapazitätsgründen nicht möglich. Auf dieser Seite möchte ich daher eher auf Machbares für mittelständische Betriebe eingehen und Lösungsvorschläge unterbreiten.
Organisationsstruktur
Das Gesundheitsnetzwerk im Unternehmen hat unterschiedliche Sparten:
- medizinische Vorsorge
- körperliche und geistige Leistungsfähigkeit
- psychische Gesundheit
- Integration von leistungsgewandelten und schwerbehinderten Menschen
- Ernährung
- Arbeitsgestaltung
- betriebliches Eingliederungsmanagement
- Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit
- Gesundheitserziehung in der Ausbildung
Ein wesentlicher Aspekt beim Gesundheitsnetzwerk ist die Kommunikation. Wichtig ist das Erkennen der Problematik beim Mitarbeiter und die Weiterleitung an die dafür zuständige Stelle. Player sind hier Personalabteilung, Betriebs- oder Werksarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit, beriebliche Sozialhilfe, ggf. Sportwissenschaftler sowie Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung. Dabei ist es durchaus notwendig und auch im Sinne des Systems, dass alle erforderlichen Stellen zusammenarbeiten und ihren Beitrag zur Prävention und Rehabilitation leisten. Nur dann macht das Gesundheitsnetzwerk einen Sinn. Dabei geht es um Veränderung bei den Verhältnissen und beim Verhalten.
Verhältnisprävention:
Zielobjekt:
Arbeitsstätte, Arbeitsorganisation, Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsmittel, Arbeitsumfeld
Zielabsicht:
Reduktion der Gefährdungsfaktoren
Beispiele:
Gefahrstoffreduzierung, Ergonomie, äußere Bedingungen, Schichtmodell etc.
Verhaltensprävention:
Zielobjekt:
Mensch
Zielabsicht:
Verbesserung der persönlichen Ressourcen
Beispiele:
Training körperliche Leistungsfähigkeit (Muskel, Ausdauer), Entspannung, Ernährung, Work-Life-Balance, Kulturbewusstsein (Sozialkompetenz)
Während wir an anderer Stelle schon die Ergonomie und die Intergation von leistungsgeminderten Menschen besprochen haben gehen wir auf dieser Seite in erster Linie auf Gesundheitsförderungsprogramme ein. Dabei werde ich über die Erfahrungen des Gesundheitsmanagements bei der Firma Bosch Thermotechnik in Lollar berichten, wo ich 20 Jahre Werkarzt war und ab 2010 bis 2014 mit Petra Hagel schrittweise ein gut funktionierendes System aufgebaut habe. Vieles lässt sich natürlich in kleineren Betrieben nicht umsetzen, aber insgesamt ist sicherlich für jeden was dabei. Obwohl der Ansatz bei der Firma Bosch am Anfang ein anderer war sind wir bei unserem System geblieben und haben im Rahmen des Befit-Awards (ausgeschrieben von der Bosch BKK) mit allen Bosch-Standorten in Deutschland 2013 den 2. Platz belegt.
Module der Gesundheitsförderung
medizinische Vorsorge
Das Hauptaugenmerk liegt beim Arbeitsmediziner natürlich bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge, die in der Arbeitsmedizinischen Vorsorgeverordnung (ArbMEDVV) geregelt ist. Am häufigsten sind die Vorsorgen im Gefährdungsbereich Lärm, Fahr- und Steuertätigkeit, Atemschutz, Haut, Bildschirmarbeit, Auslandsaufenthalt, Schweißrauche, Absturzgefahr und Infektionskrankheiten, wobei die G 25 und G 41 keine Vorsorge‑, sondern Eignungsuntersuchungen sind. Inhalte, Vorgaben bei der Beurteilung und Zeitabstände für Nachuntersuchungen findet man in den DGUV Grundsätze, die Bibel für die arbeitsmedizinischen Vorsorgen.
Weiterhin bieten viele größere Firmen weitere Präventionsprogramme an, die auch von Krankenkassen im Bonusheft honoriert werden:
Die Grippeschutzimpfung wird jährlich im Herbst von Anfang Oktober bis Ende November angeboten. Tetravalente Impfstoffe haben die trivalenten Impfstoffe abgelöst. Die häufig auftretenden H3N2 Antigene der influenza A in der dektektierten Form sind nicht in Impfstoffen auf Basis von Hühnereiern kultivierbar, da sie Hühnereier abtöten. Deshalb sind die Impfstoffe, die auf Zellkulturen hergestellt werden hier im Vorteil. Nach den sehr erfolgreichen Covidimpfstoffen auf Basis mRNA denkt man auch bei der Grippeimpfstoffherstellung über diesen Ansatz nach.
Von Anfang März bis Ende April wird in den Firmen häufig ein Darmkrebsscreening angeboten. In einem anderen Beitrag habe ich die Bedeutung und das Vorgehen erläutert. Wir haben mit der Aktion bei der Bosch Thermotechnik 2012 begonnen und hatten anfänglich Nachfragen von ungefähr 10 % der Belegschaft. Von den verteilten Proben wurden wiederum nur 20 % zur Auswertung zurückgeschickt. Daraufhin wollten wir das Programm mangels Compliance wieder einstellen. Aufgrund der Intervention und Bitten von Betriebsräten, die sich in der Gesundheitsprävention sehr eingesetzt haben, wurde das Programm fortgesetzt. Die Erwartung von unserer Seite waren mindestens 80 % Rücksendungen. Das hat funktioniert und Ende 2020 hatten wir eine Teilnahme von ca. 30 % Prozent der Belegschaft mit nahezu 100 % Rücksendequote. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich solche Programme erst einmal etablieren müssen und man dafür etwas Geduld braucht. Allerdings war die Teilnahmequote im indirekten Bereich (Büro) deutlich höher als im direkten Bereich (Produktion), wo das Gesundheitsbewusstsein weitaus geringer ausgeprägt ist.
Fehlstatik im Fuß und Sprunggelenk können durch Fehlbelastung der darüber liegenden Strukturen Muskelverspannungen, Arthrosen und Bandscheibenveränderungen hervorrufen. Orthopädischen Einlagen gleichen die Fehlstatik aus und lösen so die Probleme. Durch Fußscanner oder Trittspuren mit Bildern der Achsstellung durch eine Webcam kann man sehr einfach die Einlagen vorort ausmessen und durch Kooperation mit einem Anbieter (z.B. Uvex HealthCare) die Einlagen anfertigen lassen, die dann direkt an die Firma geliefert werden.
körperliche und geistige Leistungsfähigkeit
Viele Arbeitsplätze in der produzierenden Industrie sind häufig getaktet, haben eine monotone Ausrichtung, was die Beanspruchung des Muskel-Skelett-System angeht und werden dauerhaft im Stehen ausgeführt. Das führt zu einseitigen Belastungen des Muskel-Skelett-System mit Überanspruchung, Muskelverspannungen und letztendlich degenerativen Veränderungen. Es sind weniger die großen Muskeln als vielmehr kleine, wirbelsäulennahe Muskeln, die für Haltefunktion und Koordination zuständig sind und bei dauerhafter Überlastung ermüden und verkürzen.
Zur Prävention haben wir ab 2012 begonnen, verschiedene Trainings zur Prävention aufzubauen. Dafür wurde ein Raum hergerichtet und mit unterschiedlichen Übungshilfen wie Gymnastikbälle, TRX, Bosu Balanc-Trainer, Flexibars, Kettlebells, Therabänder, Nordic Walking Stöcke und einiges mehr ausgestattet. Von der Organisation her haben wir zunächst mit Kursen begonnen, die von den Krankenkassen nach § 20 unterstützt wurden. Von 10 Kursstunden mussten mindestens 7 Kursstunden besucht werden, damit die Kurse erstattet wurden. Schnell haben wir gemerkt, dass dass organisatorisch aufgrund unterschiedlicher Schichtzeiten und Abkömmlichkeit vom Arbeitsplatz nicht funktioniert hat. Daher sind wir auf ein anderes System umgestiegen. Wir haben in einem Timetable unterschiedliche Kurse mit verschiedenen Zielführungen angeboten. Diese Kurse wurden von Honorartrainern durchgeführt. Zur Finanzierung haben wir den sogenannten BoschAktivClub gegründet, wo jeder Mitarbeiter für wenig Geld Mitglied werden konnte und somit uneingeschränkten Zugang zu allen Kursen hatte. Zum Schluss hatten wir mehr als 200 Mitglieder. Auch hier war Geduld angesagt, bis die Mitarbeiter von dem Programm überzeugt waren und sich beteiligt haben. In einem Trainingskatalog haben wir alle Kursprogramme beschrieben.
Beim Teamtraining sollten Führungskräfte mit ihren Gruppen gemeinsam trainieren. Die Programme waren auf die Beanspruchung an den Arbeitsplätzen angepasst. Auch die Vorbildfunktion der Führungskräfte sollte gestärkt werden.
Um noch mehr Mitarbeiter zum Training zu bewegen haben wir uns entschlossen, Kurzsequenzen von 10 — 15 min in den Werkstätten und Büros durchzuführen. Wir haben es Aktivtraining in den Pausen genannt. Auch diese Angebot wurde gut angenommen. 2018 aben wir einen Motivationsfilm gedreht, der dieses Programm vorstellt und wo auch Mitarbeiter zum Thema zu Wort kommen. Der Film ist geschützt. Interessierte können aber von mir auf Anforderung über das Kontaktformular und ein paar Formalitäten den Link zum Film bekommen.
Ein weiteres Event war der J.P. Morgan- Lauf in Frankfurt, wo sich jährlich viele Firmen zu einem gemeinsamen Lauf treffen und hinterher in gemütlicher Runde den Abend ausklingen lassen.
Gesundheitserziehung in der Ausbildung
Um die Jugendlichen schon in der Ausbildung zur Gesundheitsprävention hinzuführen haben wir jeden Montag ein spezielles Programm mit einem theoretischen Teil zu unterschiedlichen Gesundheitsthemen und einem praktischen Teil mit Laufen, Gymnastik, Krafttraining und verschiedenen Spielen installiert. Den Jugendlichen hat es viel Spass gemacht und auch die Gruppendynamik wurde deutlich verbessert.
Ernährung
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus Typ II sind Volkskrankheiten, die in erster Linie auf Bluthochdruck und eine Hyperlipidämie mit hohen LDL-Werten einhergehen. Man bezeichnet das ganze als metabolisches Syndrom. Insulin ist das Masthormon im menschlichen Körper. In der Evolution war Insulin für Speicherbildung im Köper zuständig. Diese Energiespeicher wurden aktiviert, wenn nicht ausreichend Ernährung zur Verfügung stand und die Zeit überbrückt werden musste. Heute gibt es diese Konstellation in unserer normalen Gesellschaft nicht mehr. Man neigt eher dazu, mehr Energie — und das überwiegend in Form von Kohlenhydrate — zu sich zu nehmen. Überschüssige Energie, die im Stoffwechsel nicht verbraucht wird, wird dann durch Insulin als Fett gespeichert. Fettzellen brauchen ungefähr die dreifache Menge an Insulin und auch die Ansprechbarkeit der zellen auf Insulin nimmt ab. Man spricht von Insulinresistenz. Die Bauchspeicheldrüse kann dann auf Dauer diese Insulinmenge nicht mehr liefern und so entsteht der Diabetes mellitus Typ II mit allen Folgeerscheinungen wie Retinopathie, Nephropathie, KHK und Polyneuropathie mit Verschlusskrankheit der kleinen Extremitätengefäßen (Gangrän).
Diesen Vorgang kann man durch Ernährung und Bewegung beeinflussen. Bei der Ernährung stellt man auf kohlenhydratarme Ernährung um und reizt somit nicht das Insulin. Man baut Übergewicht ab und normalisiert die Blutfette. Der ursprüngliche Ansatz der fettarmen Diät ist physiologisch unsinnig und beseitigt nicht das Problem. Nicolai Worm ist einer der führenden ernährungsphysiologen und propagiert die Logi-Methode.
Die Logi-Methode ist der Ernährungsstil beim metabolischen Syndrom, während FlexiCarb — wie der Name schon sagt — je nach Bewegung und Energieverbrauch die Kohlenhydratmenge angepasst wird.
In unserer Werkarztabteilung haben wir eine individuelle Ernährungssprechstunde angeboten. Zunächst wurde das bisherige Essverhalten eruiert und danach entsprechend der Logi-Methode verändert. Blutwerte wurden zu Beginn der Beratung und dann nach 6 Wochen erneut bestimmt, um den Verlauf zu kontrollieren. Neben der Ernährungsumstellung gab es auch eine Anleitung für eine Ausdauersportart. Ziel war hier in erster Linie die Bewegung mit geringer bis mittlerer Intensität und nicht die Leistungssteigerung. Dieser Ansatz war im Vergleich zu Logi-Kursen mit 7 Einheiten in der Gruppe deutlich erfolgreicher, weil individueller.
Suchterkrankungen
Die Alkoholkrankheit ist — wie der Name schon sagt — eine Krankheit und kein bewusstes Fehlverhalten. In früheren Zeiten wurde das von Arbeitgebern nicht erkannt und das Fehlverhalten aufgrund Alkoholmissbrauch disziplinar gewürdigt. Schon Mitte der neunziger Jahre wurde in Lollar eine Betriebsvereinbarung Sucht abgeschlossen, wo sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter zu einem gemeinsamen Vorgehen bezüglich des Hilfangebotes an Suchtkranke verständigten. Eine Therapie einer Suchtkrankheit lebt am Anfang extrem selten von der Eigenmotivation. Wenn nun bei einem Mitarbeiter während der Arbeitszeit eine Alkoholisierung festgestellt wurde hatte er zwei Möglichkeiten. Entweder bekennt er sich zu einer Erkrankung und nimmt ein Hilfsangebot an oder er wird abgemahnt. Bei zwei Abmahnungen verliert er seinen Arbeitsplatz. Über diese Fremdmotivation versucht man, den Mitarbeiter einer erforderlichen Therapie zuzuführen. In der Betriebsvereinbarung wurde ein Verfahren beschrieben, was die u.a. Abbildung skizziert.
Ansprechpartner im Suchtfall sind in einem Werk der Werkarzt, die betriebliche Sozialhilfe oder die ehrenamtlichen betrieblichen Ansprechpartner Sucht (BAS), die früher auch Suchthelfer genannt wurden und eine halbjährliche Wochenendausbildung in einer dafür autorisierten Institution haben. Hier wird er beraten und auch Hilfsangeboten zugeführt. Wenn der Mitarbeiter alkoholisiert auffällt und Hilfe statt Abmahnung wählt, dann verpflcihtet er sich schriftlich zur Einhaltung des folgenden Procedere. Als erster Schritt sucht er eine Suchtberatungsstelle auf — bei uns war es die Diakonie in Giessen. Dort bespricht man das Therapievorgehen. In den meisten Fällen folgt ein Aufenthalt in einer Suchtklinik zur stationären Therapie, die ungefähr 3 Monate dauert. Danach kommt er zurück und wird wieder in das Arbeitsleben eingegliedert. Wenn erforderlich kann auch eine ambulante Therapie fortgeführt werden. Zur Abstinenzsicherung schließt er sich dann einer Selbsthilfegruppe an, die er regelmäßig besucht. Weiterhin wird monatlich eine Blutkontrolle des CDT-Wertes durchgeführt. Als freiwilliges Angebot gibt es noch den Besuch der Werksgruppe, wo sich einmal im Monat alle “trockenen” Alkoholiker der Firma unter Leitung eines BAS zu einem Austausch treffen. Die Kontrollzeit beträgt in der Regel 1 — 2 Jahre. Bei erfolgreichem Abschluss werden alle Vorgänge in der Personalakte gelöscht. Häufig wird auch von Personalseite her dem Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungszeit von 9 Monaten gekündigt. Wenn er innerhalb dieser Zeit eine Therapie erfolgreich abschließt wird die Kündigung aufgehoben. Das dient zusätzlich als Fremdmotivation für einen erfolgreichen Therapieabschluss. Im Werk selbst gibt es einen Arbeitskreis Sucht, dem neben dem Werkart, der betrieblichen Sozialhelfer und der BAS auch Vertreter der Personalabteilung und ein externer Fachberater angehören. Hier werden die Fälle anonym besprochen und bei Schwierigkeiten gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. Bei einem ersten Rückfall sichert die Betriebsvereinbarung das gleiche Procedere wie beim Erstfall zu, bei weiteren Rückfällen werden individuell die Chancen einer Remission besprochen und danach über das weitere Vorgehen entschieden. Am Ende einer erfolglosen Therapie steht die Kündigung aus gesundheitlichen Gründen, die bei solchen Vorgehensweisen wie in der BV beschrieben auch von den Arbeitsgerichten getragen wird.