Die Sinnesorgane sind für den Menschen das “Tor zur Welt”. Anders herum werden alle Einflüsse aus der Umwelt mit den Sinnesorganen wahrgenommen, an das Zentralnervensystem weitergeleitet und dort verarbeitet. Sie dienen als Schutzfuntion für den menschlichen Körper vor Gefährdungen aus der Umwelt, sorgen aber auch für körperliches und seelisches Gleichgewicht und Wohlbefinden. In der Arbeitswelt drohen schädigende Einflüsse, die passager oder dauerhaft zu krankhaften Veränderungen führen können. Davor gilt es durch präventive Maßnahme zu schützen. Technische Vorkehrungen stehen hierbei vor persönlichen Schutzmaßnahmen. Durch arbeitsmedizinische Vorsorgen werden die Sinnesorgane regelmäßig auf krankhafte Veränderungen kontrolliert und bei Bedarf präventive oder rehabilitative Maßnahmen eingeleitet.
Schutz der Sinnesorgane
Zu den Sinnesorganen, die in der Arbeitswelt täglich einer Gefährdung durch Licht, Lärm oder mechanischer Natur ausgesetzt sind zählen in erster Linie Auge und Ohr. Im erweiterten Sinn zählen wir auch die Haut dazu und beschreiben dementsprechend auch hier die Schutzmaßnahmen. Häufig fehlt es bei den angeordneten Schutzmaßnahmen an Compliance bei den Mitarbeitern für dieses Thema. Deshalb werden in regelmäßigen Abständen für direkt nicht sichtbare Schädigungen Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt. Durch dieses Biomonitoring kann man Schädigungen früh erkennen, als Konsequenz die Mitarbeiter nochmals zur richtigen Anwendung der PSA unterweisen und somit einen progredienten Verlauf eindämmen.
Auge
Anatomie
Das Auge ist das Sehorgan des Menschen. Der Augapfel liegt in der Orbita und kann hier durch 6 Augenmuskeln in verschiedene Richtungen bewegt werden. Er ist von der Lederhaut (Sklera) umgeben und hat im vorderen Bereich eine klare durchsichtige Schicht — die Hornhaut (Cornea), durch die das Licht ins Innere des Auges gelangt. Das Innere des Augapfels wird zum größten Teil vom Glaskörper (Corpus vitreum) ausgefüllt. Im Schichtaufbau der Hülle folgt als nächste Schicht auf die Lederhaut die Aderhaut (Choroidea) mit der Gefäßversorgung und als innere Schicht die Netzhaut (Retina) mit den Sinneszellen. Die Sinneszellen werden im hinteren Bereich des Auges als Sehnerv gebündelt, der die Informationen zur Sehrinde im Hinterhaupt weiterleitet. Hinter der Hornhaut liegen die vordere und die hintere Augenkammer, die durch die Regenbogenhaut (Iris) voneinander getrennt werden. Danach folgt die Linse, die freischwebend mit dem Augenrand durch die Zonulafasern und den Ziliarmuskel verbunden wird. Mit der Linse wird durch Kontraktion des Ziliarmuskels die Akkommodation durchgeführt, die dafür sorgt, dass der Brennpunkt des Lichtstrahles auf der Netzhaut abgebildet wird. Die Regenbogenhaut steuert wie ein Vorhang oder eine Blende im Fotoapparat den Lichteinfall in das Auge. Vor dem Augapfel befinden sich die Augenlider, die mit der in der Tränendrüse gebildeten Tränenflüssigkeit die Hornhaut durch regelmäßiges „Blinzeln“ befeuchten und reinigen. Dadurch wird die Hornhaut als nicht durchblutetes Organ ernährt und einer Degeneration vorgebeugt.
Physiologie
Mit dem Auge werden elektromagnetische Strahlung mit einer Wellenlänge von ca. 350 nm bis ca. 750 nm wahrgenommen. Dabei setzt es die physikalischen Reize in Nervenzellimpulse um, die vom Gehirn als Farben, Formen und Bewegungen interpretiert werden. Der optische Apparat sorgt dafür, dass der Lichtstrahl auf der Macula, dem Ort mit der höchsten Dichte an Sinneszellen, scharf abgebildet wird. Hier werden die Sinneszellen aktiviert und die Informationen an die Sehrinde weitergeleitet.
Prävention in der Arbeitsmedizin
In der Arbeitswelt ist das Sinnesorgan Auge unterschiedlichen Gefahren und Belastungen ausgesetzt. Während man in der produzierenden Industrie wie Metallbau oder chemischer Industrie in erster Line mit der Gefahr durch mechanische oder chemische Verletzungen rechnen muss ist die Belastung bei der Büroarbeit vorwiegend durch Refraktionsanomalien (Myopie, Hyperopie, Presbyopie, Astigmatismus) bedingt. Hier gilt es nun, den Gefahren mit unterschiedlichen Maßnahmen vorzubeugen.
Schutz vor Verletzungen
Bei führenden Herstellern kann man die Beschichtung der Gläser nach der oben abgebildeten Grafik bestimmen und dadurch das für den persönlichen Arbeitsplatz am besten geeignete Glas bestimmen. Dabei wird insbesondere auf Kratzfestigkeit, Chemikalienresistenz und Anti-Beschlageffekt geachtet.
Die Eigenschaften sind in einer Kennzeichnung auf Sichtscheiben und Tragkörper aufgebracht.
Ebensfalls ist es wichtig, bei entsprechender Exposition auf einen Schutz vor UV- und Blaulicht zu achten.
Je nach Arbeitsplatz und Gefährdung (z.B. Schleifen, Spritzschutz beim Umgang mit Säuren und Laugen, Umgang mit Flüssigeisen etc.) muss man die dafür geeigneten Schutzvorrichtungen anwenden.
Korrektionsschutzbrillen
Heute stellt sich eigentlich kaum noch die Frage, ob man bei einer Refraktionsanomalie wie Kurz‑, Weit‑, Stab- oder Altersweitsichtigkeit seine dafür eigens angeschaffte Brille durch eine „Überbrille“ schützen soll. Die Seheigenschaften gegenüber einer Korrektionsschutzbrille sind deutlich schlechter und dadurch bedingt steigt die Unfallgefahr durch das schlechtere Sehen. In meiner Verantwortlichkeit als Betriebsarzt haben wir nahezu immer Korrektionsschutzbrillen angewendet. Die Ausmessung der Gläser erfolgt durch einen Vertragsoptiker des Lieferanten. Die fertiggestellten Brillen werden dann an den Betrieb geschickt.
Bildschirmarbeitsplatzbrillen
Die Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) war eine Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten nach Artikel 3 der Verordnung zur Umsetzung von EG-Einzelrichtlinien zur EG-Rahmenrichtline Arbeitsschutz. Die Bildschirmarbeitsverordnung war geltendes Recht in Deutschland vom 4. Dezember 1996 bis zum 3. Dezember 2016. Die Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze werden heute durch den Anhang der Arbeitsstättenverordnung, Abschnitt 6 Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen, geregelt.
Sinngemäß heißt es: Wenn sich eine normale Sehhilfe nicht für die Bildschirmarbeit eignet, dann erhält der Mitarbeiter auf Kosten des Arbeitgebers eine Bildschirmarbeitsplatzbrille. Was bedeutet das?
Bei Einstärkenbrillen mit oder ohne Korrektur der Stabfehlsichtigkeit gibt es keine Probleme, da hier die Ursache in einer Fehlform des Augapfels und nicht in einer Linsenveränderung liegt. Mit zunehmendem Alter wird die Akkommodationsbreite — sprich die Elastizität der Linse — geringer. Das macht sich zunächst beim Lesen und dann aber auch bei der Bildschirmarbeit bemerkbar. Die Regelversorgung ist eine Gleitsichtbrille. Da im normalen Leben überwiegend nur Nähe und Ferne gebraucht wird liegen im Bereich der Progressionszone die Brennunkte dichter bei einander, um den fließenden Übergang auf der Brille für alle Bereiche unterzubringen. Dadurch wird das Sichtfenster sowohl vertikal als auch lateral sehr schmal. Folge ist, das bei der Bildschirmarbeit der Mitarbeiter ständig den Kopf sowohl nach links und rechts als auch nach oben und unten bewegen muss, um ein “scharfes” Sichtfenster zu bekommen. Das führt letztendlich zu Muskelverspannungen im Hals- und Nackenbereich mit Kopfschmerzen, Dysästhesien in Armen und Händen und letztendlich auch zu Bandscheibenveränderung in der HWS mit entsprehender Symptomatik. Um das zu verhindern gibt es eine sogenannte Nahkomfortbrille, die wie eine Gleitsichtbrille aufgebaut ist, aber nur einen Sehbereich von 0,5 bis 1,2 m berücksichtigt. Dadurch müssen weniger Brennpunkte untergebracht werden, was sich in einem größeren Sichtfenster sowohl lateral als auch vertikal auswirkt. Die Zwangshaltung wird vermieden und Folgeerscheinungen wird entgegengewirkt.
Ein gutes Angebot finden Sie im Katalog von Uvex Safety — entweder im Hauptkatalog oder bei Individueller PSA. Uvex hat in Deutschland ein großes Netz von Vertragsoptikern, die wahrscheinlich auch in Ihrer Nähe eine Augenvermessung durchführen und anschließend die Brille bestellen können.
Ohr
Anatomie
Das menschliche Ohr ist neben dem Auge das wichtigste Sinnesorgan, um sich in der Umwelt zu orientieren. Im Arbeitsleben ist das Ohr Industrielärm ausgesetzt, wodurch die Haarzellen des Innenohres geschädigt werden können.
Im Felsenbein links und rechts im Schädel liegen die Hörschnecke (Cochlea) und die Bogengänge des Vestibularorganes. Die Cochlea selbst ist in drei Gänge unterteilt: Scala vestibula, Scala tympani und Scala media. In der Scala media auf der Basilarmembran sitzt das Corti-Organ mit den Haarzellen, die letztendlich den Reiz über afferente Nervenfasern und den Hörnerv in das Hörzentrum im Temporalhirn weiterleiten.
Physiologie
Bei der Ausbreitung der Schallwelle werden auf der Basilarmembran die höchsten Frequenzen an der Basis der Hörschnecke und die niedrigsten Frequenzen im Bereich der Helicotrema abgebildet. Das bedeutet, dass die Schädigung von Lärm mit hohem Schalldruck sich punktuell entsprechend der Lärmfrequenz auswirkt. Industrielärm hat eine mittlere Frequenz von ungefähr 4 000 Hz.
Hörteste und Ergebnisse
Mit Hilfe der Audiometrie kann man selektiv nach Frequenz eine Hörminderung feststellen. Man nutzt Luftleitung und Knochenleitung. Bei einer Innenohr- oder Schallempfindungsschwerhörigkeit decken sich beide Kurven, während bei einer Mittelohr- oder Schallleitungsschwerhörigkeit es eine konstante Differenz im Schalldruck gibt.
Schallempfindungsschwerhörigkeit
Schallleitungsschwerhörigkeit
Da Industrielärm überwiegend Frequenzen von 4000 Hz hat sieht dementsprechend auch die Hörkurve aus
Gehörschutz
Auf dem Markt gibt es viele Produkte mit unterschiedlich guter Wirksamkeit. Für mich letztendlich die beste Prävention stellt der angepasste Gehörschutz dar.
Otopastiken werden von autorisiertem Personal mit einem Abdruck angepasst. Nach Bereitstellung wird weiterhin eine Funktionsprüfung durchgeführt.
Anpassung
Funktionsüberprüfung
Durch entsprechende Filter kann man selektiv definierte Lärmfrequenzen unterdrücken und andere Frequenzen z.B. für Sprachverständnis freigeben. Weiterhin kann der Gehörschutz zu Kommunikationszwecken auch mit einem Headset kombiniert werden — durchaus denkbar auch für Großraumbüros und häufigen Telefonaten.
Haut
Anatomie
Die Haut ist schichtartig aufgebaut. Von außen nach innen umfassen die einzelnen Hautschichten, die Oberhaut (Epidermis), die Lederhaut (Dermis, Corium) und das Unterhautfettgewebe (Subcutis), eine Schicht aus Fettzellen und lockerem Bindegewebe mit Blutgefäßen, Schweißporen, Haarwurzeln mit Talgdrüsen und Sinneszellen (Kälte-/Wärmerezeptoren, Schmerzrezeptoren und Tastkörperchen). Von außen sichtbar ist nur die Oberhaut, die aus einem mehrschichtigen verhornenden Plattenepithel besteht. Diese Hornschicht ist an Handinnenflächen und Fußsohlen verdickt. Die Oberhaut kann von außen nach innen weiter unterteilt werden in die Hornschicht (Stratum corneum), die Glanzschicht (Stratum lucidum), die Körnerzellenschicht (Stratum granulosum), die Stachelzellschicht (Stratum spinosum) und die Basalschicht (Stratum basale).
Physiologie
Die Haut ist der Schutzmantel unseres gesamten Körpers und beträgt im Mittel 1,8 m2 bei einem Mann und 1,6 m2 bei einer Frau. Die Körperoberfläche wird nach der Dubois-Formel
[m2] = 0.007184 x Körpergröße [cm] 0.725 x Körpergewicht [kg] 0.425
berechnet und ist u.a. wichtig bei der Chemotherapie. Neben der Schutzfunktion vor Umwelteinflüssen wie Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Wind, Staub, Schmutz, Austrocknung, UV-Strahlung, schädlichen Substanzen, Keimen und vielem mehr (Barrierefunktion der Haut) dient die Haut zur Wärmeregulation, Aufnahme von Tastreizen wie Schmerz, Druck und Berührung und der Produktion von Vitamin D. Wärme- und Kälterezeptoren helfen bei der Regulation der Körperkerntemperatur. Weiterhin speichert sie Wasser, Fett und Salze und scheidet Stoffwechselprodukte im Schweiß (Kochsalz, Spuren von Ammoniak, Harnstoff, Fettsäuren und Milchsäure) aus.
Gesunde Haut bietet einen ausreichenden Schutz bei üblicher Beanspruchung in Art und Zeit. Doch Haut ist nicht multiresistent gegenüber allen Einflüssen. Das tritt überwiegend im Arbeitsleben auf und betrifft mechanische und thermische Beanspruchung über einen täglich längeren Zeitraum, UV-Licht natürlich und künstlich, Nässe, hautreizende Stoffe wie Desinfektionsmittel und andere Arbeitsmittel, häufiges beziehungsweise aggressives Reinigen mit Reibemitteln oder aber pathogene Keime wie MRSA oder EHEC.
Präventionsmaßnahmen
Um die Haut nun vor solchen Einflüssen zu sichern wird als Maßnahme aus der Gefährdungsbeurteilung ein Hand- und Hautschutzplan erstellt, der die Gefährdung beschreibt und anschließend Produkte zum Handschutz (geeignete Handschuhe) und Hautschutz (Produkte für Hautschutz, Hautreinigung, Hausdesinfektion und Hautpflege) vorgibt.
Weiterhin umfasst die persönliche Schutzausrüstung für die Haut unterschiedliche Handschuhe für den Schutz bei mechanischen Gefährdungen (z.B. Schnittschutz), Feuchtarbeit, Säuren und Laugen, resorbierbaren und allergisierenden Stoffen sowie Bakterien und Pilzen. Dabei ist auf Herstellerangaben für Durchdringzeiten und Tragedauer zu achten. Durchdringzeiten können unter anderem auch durch Hautschutzmittel beeinflusst werden. Das muss bei der Zeitermittlung berücksichtigt werden. Um den richtigen Handschuh zu finden gibt es bei der Firma Uvex einen Schutzhandschuhberater, der Ihnen bei der Auswahl hilft.